Glaukomchirurgie / Glaukomtherapie
Lässt sich trotz sorgfältiger Anwendung von Medikamenten eine ausreichende Senkung des Augeninnendruckes nicht erreichen, so empfehlen wir eine chirurgische Maßnahme.
Kanaloplastie (Canaloplasty)
Die klassische Lehrmeinung geht davon aus, dass beim Offenwinkelglaukom das Trabekelwerk verstopft ist. Dies lässt außer Acht, dass auch eine posttrabekuläre Abflussbehinderung vorliegen kann. Der Schlemmsche Kanal sammelt das sog. Kammerwasser und leitet es über winzige Kanälchen in die episkleralen Venen weiter. Neuere Erkenntnisse lassen den Schluss zu, dass auch in diesem Bereich des Kammerabflusssystems Störungen mit einer Erhöhung des Abflusswiderstandes und daraus resultierender erhöhter Augeninnendrucksteigerung vorliegen können. Die Kanaloplastie stellt eine konsequente Weiterentwicklung der tiefen Sklerektomie mit Viskokanalostomie dar. Dr. Dr. Scharioth gehört zu den weltweit erfahrensten Glaukomchirurgen bei Kanaloplastie und führte diese bereits 2006 erstmals durch.
Hierbei wird eine tiefe Sklerektomie mit Eröffnung des Schlemmschen Kanals durchgeführt. Bei der Viskokanalostomie konnte bisher nur ein Teil des Schlemmschen Kanals vorübergehend erweitert werden. Während der Kanaloplastie wird jedoch anschließend ein spezieller nur 0.2 mm dünner Katheter in den Schlemmschen Kanal eingeführt und dieser während der vollständigen zirkulären Sondierung durch die Injektion von einem speziellen Gel (Healon) erweitert. Schließlich verbleibt ein hauchdünnes Implantat, welches den Schlemmschen Kanal dauerhaft offen hält und die Poren der Innenwand ausgedehnt, um so den Kammerwasserabfluss dauerhaft zu erleichtern und eine erneute Verengung des Lumens zu verhindern.
Die Auswertung der eigenen Daten des Augenzentrums und Ergebnisse anderer Operateure zeigen einen langfristigen Erfolg mit einer Augeninnendrucksenkung in den niedrignormalen Bereich bei über 80% der Patienten und aufgrund der schonenden Technik eine extrem niedrige Komplikationsrate.
Die Kanaloplastie stellt somit heute die einzige OP-Methode dar, welche in der Lage ist den normalen physiologischen Kammerabflussweg wiederherzustellen. Vielen Patienten kann so eine Befundverschlechterung bei Glaukom erspart werden. Die medikamentöse augeninnendrucksenkende Therapie ist postoperativ nur noch in Einzelfällen erforderlich.
Bereits veröffentlichte Studien konnten im Langzeitverlauf ein geringeres Risiko für das Fortschreiten des Verlustes von Sehnervenfasern bei primär operierten Patienten im Vergleich zu primär medikamentös therapierten Patienten nachweisen. Die Komplikationsraten der traditionellen OP-Methoden haben jedoch ein Umdenken unter den Augenärzten bisher verhindert. Weitere Verbesserungen der OP-Technik werden vielleicht in Zukunft dazu führen, dass dieses Umdenken einsetzt und eine primäre chirurgische Therapie des Glaukoms in Erwägung gezogen wird.
Laserbehandlung
– Iridotomie mit Nd-YAG Laser
Bei dem sogenannten chronischen Engwinkelglaukom oder bei einem akuten Glaukomanfall wird mithilfe des Nd-YAG Lasers ein Loch in die periphere Iris geschossen (photodisruptives Verfahren). Dies dient der Schaffung eines Kurzschlusses zwischen Hinterkammer und Vorderkammer des Auges und erleichtert den Kammerwasserfluß. Dies ist eine Notfallmassnahme bei akutem Glaukomanfall, kann aber auch bei einigen Patienten mit chronischem Engwinkelglaukom zu einer dauerhaften Augeninnendrucksenkung beitragen.
– Lasertrabekuloplastik mit Argonlaser
Dieses Verfahren war Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts eine häufig durchgeführte Operation. Hierbei wird durch gezielte Behandlung des Trabekelmaschenwerkes mit dem Argonlaser (Photokoagulation) eine umschriebene Schrumpfung des Trabekelmaschenwerkes erreicht. Zwischen den behandelten Arealen kommt es dadurch zu einer Aufspreizung der Fasern des Trabekelmaschenwerkes, was den Abfluss in den Schlemm Kanal erleichtert. Dieses Verfahren ist sehr komplikationsarm, jedoch fand man bei nahezu allen Patienten 5 Jahre postoperativ keinen Effekt mehr. Wir führen dieses Verfahren deshalb nur noch bei ausgewählten Fällen durch.
penetrierende Glaukomoperation
– Trabekulektomie, Goniotrepanation
Nach Eröffnung der Bindehaut und Darstellung eines ca. 4×4 mm großen Skleraläppchens wird das Auge unterhalb dieses Skleraläppchens perforiert. Anschließend wird eine kleine Öffnung in der Iris angelegt, die einen direkten Übertritt des Kammerwassers von der hinteren in die vordere Augenkammer ermöglicht. Durch Ausschneiden eines kleinen Stückchens der Augenwand wird ein Abfluss nach außen unter die Bindehaut geschaffen. Dort bildet sich eine seichte Vorwölbung, die als Filterkissen bezeichnet wird.
Leider kann es zur Vernarbung dieses Filterkissens kommen, was einen erneuten Augeninnendruckanstieg zur Folge hat. Das Risiko hierfür ist besonders bei jüngeren Patienten und bei Zustand nach Voroperationen des Auges sowie langjähriger medikamentöser Augentherapie erhöht. Durch intra- oder postoperative Applikation von Zytostatika (Mitomycin C oder 5-Flurouracil) kann einem Vernarbungsrisiko vorgebeugt werden, jedoch haben diese Mittel ein relativ hohes Komplikationsrisiko (Bulbushypotonie, Sickerkissenatrophie, Hornhautrandgeschwüre, Zyklotoxizität, Retinotoxizität, späte Endophthalmitis u.a.). Gelegentlich kann auch die Implantation eines dauerhaften Silikonshunts (Ahmed Valve) erforderlich werden. Durch Vergrößerung der Sickerfläche soll hierbei eine dauerhaft ausreichende Filtration gewährleistet werden.
nicht penetrierende Glaukomoperation
– tiefe Sklerektomie, Viskokanalostomie
Bei der tiefen Sklerektomie soll kein Loch zur Erleichterung des Kammerwasserabflusses geschaffen werden, sondern der Bereich des verstopften, mehrlagigen Trabekelmaschenwerkes nach Eröffnung des Schlemm Kanals soweit ausgedünnt werden, dass der Kammerwasserabfluss wieder deutlich erleichtert wird und der Augeninnendruck sich normalisieren kann. Durch die Sklerektomie (Lederhautentfernung) entsteht ein kleiner Hohlraum der den Effekt der Operation erhöht. Damit diese Kammer nicht kollabiert werden in der Regel Implantate (SK Gel, T-Flux) oder extrem visköse Substanzen (Healon GV, Healon 5) eingesetzt, die sich entweder über einen sehr langen Zeitraum resorbieren oder permanent dort verbleiben. Dieser verlangsamte Heilungsablauf im Bereich der Sklerektomie ist gewünscht und erhöht die Chancen auf eine dauerhafte Augeninnendrucksenkung, häufig ohne jegliche zusätzliche Augentropfen. Bei der Viskokanalostomie wird zusätzlich in die Öffnungen des Schlemm Kanals eine extrem visköse Substanz (Healon GV, Healon5) injiziert, um diesen zu erweitern und die Ostien frühpostoperativ vor einem Kollaps zu schützen. Implantate für diesen Zweck sind bereits in der Entwicklung. Man erhofft sich hiervon eine stabile, direkte Fistelbildung zum Schlemm Kanal (physiologischer Abflussweg), was den Operationserfolg von der Vernarbungstendenz der Leder- und Bindehaut unabhängig machen würde.
Weitere Vorteile der tiefen Sklerektomie sind das erheblich geringere Komplikationsrisiko, da das Auge nicht eröffnet wurde, sondern eine hauchdünne Membran des Trabekelmaschenwerkes erhalten bleibt. Auch ist langfristig eine geringere Abhängigkeit dieser Methode von der Vernarbungstendenz der Bindehaut zu beobachten, was die Notwendigkeit von erneuten Eingriffen reduziert.
In unserer Klinik ist diese moderne Glaukomoperation ein augenärztlicher Routineeingriff. Nebenwirkungen und Komplikationen durch die Implantate sind bisher nicht bekannt.
Sehr selten kann eine erneute Operation wegen überschießendem Kammerwasserabfluss oder Vorderkammereinblutung notwendig werden. Bereits vor der Operation bestehende Linsentrübungen (Katarakt bzw. Grauer Star) können wie nach jeder Augenoperation schneller fortschreiten. Es besteht die Möglichkeit, die Grauen Star Operation kombiniert mit einer tiefen Sklerektomie zu operieren. Dauerhafte Sehverschlechterungen bis hin zum Verlust der Sehfähigkeit durch Infektion, Nebenwirkungen von Medikamenten, Verschluss der Augen- und Sehnervgefäße u.a. sind so selten, dass hierzu keine verlässlichen Zahlen vorliegen.
Bei ca. 80% der Patienten kann der erhöhte Augeninnendruck durch die tiefe Sklerektomie ausreichend und dauerhaft gesenkt werden. Unterstützend sind unter Umständen Medikamente, dann jedoch meist wesentlich geringer als vor der Operation, erforderlich.