Hornhaut

Hornhauterkrankungen

Mein Augenarzt hat bei mir einen Keratokonus festgestellt – Werde ich jetzt blind?

Wir haben diese etwas provozierend-plakative Frage vorangestellt, weil sich viele Patienten mit Keratokonus im Internet umtun und dann durch diverse „Horrorgeschichten“ verschreckt werden.

Patienten mit Keratokonus erblinden nicht, sie können meist mit geeigneten Sehhilfen privat wie beruflich ein ganz normales Leben führen und nur etwa 10 – 20% von ihnen benötigen jemals eine Augenoperation (Hornhauttransplantation, Keratoplastik, s.u.).

Was ist ein Keratokonus?
Beim Keratokonus handelt es sich um eine allmählich (innerhalb von Jahren) fortschreitende Verformung und Verdünnung der Hornhaut des Auges. Die Erkrankung ist meist beidseitig, aber rechts und links unterschiedlich stark ausgebildet. Die Hornhaut ist das durchsichtige „Fenster“ des Auges. Sie ist normalerweise rotationssymmetrisch nach außen vorgewölbt und hat damit die optische Wirkung einer Linse. Wenn die Hornhaut nicht rotationssymmetrisch ist, sondern in verschiedenen Achsen eine unterschiedliche Wölbung hat, kommt es zu einer sogenannten Stabsichtigkeit (Astigmatismus). Wenn sich die Hornhaut in allen Achsen gleichmäßig nach außen vorwölbt, wird das Auge kurzsichtiger.
Ein Keratokonus kommt mit einer Häufigkeit von 1:3000 – 1-10.000 vor.

Foto der W

(Wölbung der Hornhaut bei einer Keratokonuserkrankung)

Wie kommt es zur Verformung der Hornhaut beim Keratokonus?
Die genauen Mechanismen der Erkrankung sind noch nicht bekannt. Die Hornhaut besteht aus einem durchsichtigen Kollagen. Dieses Kollagen ist beim Keratokonus geschwächt und verformbar. Es scheint hierfür unterschiedliche Ursachen zu geben. Eine genetische Komponente spielt sicher eine große Rolle, denn gelegentlich sind mehrere Familienmitglieder betroffen. Außerdem tritt bei bestimmten genetischen Erkrankungen, z.B. beim Down-Syndrom (Trisomie 21) ein Keratokonus deutlich häufiger auf. Es ist umstritten, ob durch ein bestimmtes Verhalten, z.B. häufiges Reiben am Auge bei Kindern mit Neurodermitis, ein Keratokonus ausgelöst oder verstärkt werden kann.

Wann tritt ein Keratokonus auf?
Typischerweise tritt ein Keratokonus im jugendlichen und jungen Erwachsenenalter erstmals auf. Bemerkt wird er meist durch relativ schnelle Änderungen der Brillenwerte (Zunahme der Kurzsichtigkeit und des Astigmatismus). Wenn der Augenarzt bei der Veränderung der Brillenwerte den Verdacht auf einen Keratokonus hat, wird eine sogenannte Hornhauttopografie durchgeführt. Auch die Messung der Hornhautdicke liefert wichtige Hinweise. Damit lässt sich meist der Verdacht bestätigen oder ausräumen. Wenn die Ergebnisse nicht eindeutig sind, sollte man die Untersuchung nach ca. einem Jahr wiederholen.

Nimmt die Hornhautverformung beim Keratokonus immer weiter zu?
Ja und Nein. Zur Definition des Keratokonus gehört ein allmähliches Fortschreiten der Vorwölbung und Verdünnung der Hornhaut. Tatsächlich ist es aber häufig so, dass nach 10 – 20 Jahren keine oder nur noch eine sehr geringe Zunahme des Keratokonus festzustellen ist. Besonders bei Patienten, bei denen die Diagnose relativ spät gestellt wird, treten die Spätkomplikationen eines Keratokonus selten bzw. gar nicht auf.
Aus diesem Grund ist es auch so schwer bzw. unmöglich, einem Patienten im Voraus zu sagen, wie der Krankheitsverlauf bei Ihm/Ihr sein wird. So kann ein Keratokonus viele Jahre lang allmählich zunehmen, um dann plötzlich stehen zu bleiben.

Wie wird ein Keratokonus behandelt?
Ein Keratokonus wird immer entsprechend der Schwere der Erkrankung behandelt. Dabei ist das Ziel, dem Patienten eine möglichst gute (und dauerhaft gute!) Sehschärfe zu ermöglichen. Wenn der Astigmatismus nicht zu hoch ist, kann eine Brille bereits die Beste Therapie darstellen. Bei höherem Astigmatismus oder Kurzsichtigkeit ist es oft so, dass der Patient mit Kontaktlinsen eine höhere Sehschärfe erreicht als mit Brille. Besonders harte Kontaktlinsen eignen sich vorzüglich, um einen Keratokonus auszugleichen. Hierfür gibt es besonders gefertigte „Konuslinsen“, die ein speziell geschulter Optiker oder Augenarzt anpassen kann.

Wann kommt eine Keratoplastik in Frage?
Ungefähr jeder 5. Patient mit Keratokonus braucht irgendwann eine Keratoplastik. Bei einem Teil der Patienten mit Keratokonus kann die Hornhautmitte sehr dünn werden und eintrüben. Solche Eintrübungen können wieder aufklaren, aber gelegentlich bleibt die Trübung. Dann kann die Hornhaut durch die Hornhaut eines Organspenders ersetzt werden (Hornhauttransplantation, auch Keratoplastik genannt).
Die Hornhaut kann auch so stark verformt sein, dass trotz optimal angepasster Kontaktlinse die Sehschärfe unter 20 – 30% liegt. Auch in diesen Fällen kann eine Keratoplastik eine Sehverbesserung erbringen.

Wann kommt eine Keratoplastik NICHT in Frage?
Grundsätzlich immer dann, wenn der Operateur die Gefahr einer Sehverschlechterung durch die Operation als zu hoch einschätzt. Das klingt einfach, ist jedoch sehr kompliziert und von den jeweiligen Erfahrungen des Operateurs stark abhängig. Ein guter Operateur wird die Möglichkeiten und Risiken der Operation einschätzen und mit dem Patienten individuell besprechen. Nur ca. jeder 5. Patient mit Keratokonus braucht irgendwann eine Keratoplastik.
Wenn ein Patient z.B. mit seinen Kontaktlinsen noch relativ gut sieht (z.B. 50% oder mehr), aber die Kontaktlinsen nicht mehr tragen möchte weil er Pflege und das Einsetzen mühsam findet, dann wäre das kein Grund, eine Operation zu empfehlen. Denn: Das Risiko, dass der Patient nach der Operation schlechter sieht, oder auch nach der OP wieder Kontaktlinsen tragen muss, ist viel zu hoch.

Ob eine Keratoplastik angebracht ist oder nicht, entscheidet sich mit dieser Frage:

Wie gut ist die Sehkraft nach einer Keratoplastik?
Diese Frage steht für jeden Patienten natürlich absolut im Vordergrund. Leider ist es unmöglich, diese Frage im Einzelfall zu beantworten. Man kann nur ungefähr eine statistische Wahrscheinlichkeit angeben. So ist es möglich, dass der Patient nach der OP wieder 100% Sehkraft erlangt. Dies ist allerdings nur sehr selten der Fall (trotzdem werden gerade solche Fälle besonders gerne und viel gezeigt ;-)). Es kann auch sein, dass es während der OP zu einer starken Blutung kommt und das Auge unwiderruflich erblindet. Dieser Verlauf ist zum Glück sehr selten (ca. 0,1 – 0,4% aller OPs), trotzdem wird ein erfahrener Operateur diese Möglichkeit bei der Entscheidung zur OP immer berücksichtigen.

Die meisten Patienten liegen natürlich zwischen diesen beiden Extrembeispielen. Es gibt ein paar grobe Richtgrößen, die statistisch für die größte Zahl der Patienten mit Hornhauttransplantation wegen Keratokonus zutreffen:

  • Es dauert meist 1 – 2 Jahre nach der Operation, bis die endgültige Sehschärfe erreicht wird.
  • Die allermeisten Patienten (ca. 80%) brauchen auch nach der Keratoplastik wieder eine Kontaktlinse.
  • Die beste Sehschärfe nach der OP (mit bester Korrektur, meist Kontaktlinse) liegt am häufigsten bei 30 – 50%.
  • Das Risiko einer Transplantateintrübung bleibt lebenslang bestehen.
  • Eine Wiederholung der Keratoplastik ist möglich, dabei hat aber jede erneute Transplantation ein höheres Risiko, dass es zur Eintrübung kommt.

Nach unseren Erfahrungen ist es sinnvoll eine Keratoplastik zu erwägen, wenn die Sehschärfe mit bester Korrektur schlechter als 30% ist. Es sollte sichergestellt sein, dass auch eine neue Anpassung von Kontaktlinsen keine Besserung der Sehschärfe bringt.
Wird die Operation durchgeführt, obwohl die Sehschärfe besser als 30% ist, dann steigt das Risiko, dass der Patient nach der Keratoplastik schlechter sieht als vorher.

OP-Methoden:
Bei der Keratoplastik unterscheidet man zwei Verfahren, die für die Behandlung des Keratokonus in Frage kommen:

Die perforierende Keratoplastik.
Dies ist die am häufigsten verwendete Methode. Alle Schichten der Hornhaut werden ausgetauscht.

Vorteil:

  • Etabliertes Verfahren
  • Viel Erfahrung
  • Schnelle Sehverbesserung

Nachteil:

  • Risiko einer Transplantatabstoßung

Die lamellierende tiefe vordere Keratoplastik.
Hier wird die unterste Schicht der Hornhaut nicht transplantiert.

Vorteil:

  • geringeres Abstoßungsrisiko

Nachteil:

  • nicht immer möglich, dann muss die OP in eine perforierende Keratoplastik umgewandelt werden.
  • Sehstärke im Durchschnitt schlechter als bei perforierender Keratoplastik.

Welche OP-Möglichkeiten gibt es sonst noch?
Implantation von Ringsegmenten aus Kunststoff in die Hornhaut (z.B. Intacs):
Dieses Verfahren befindet sich noch in der Erprobung. Nach unserer Auffassung gibt es bisher keine Untersuchungen, die auf wissenschaftlich ausreichend hohem Niveau den Nutzen dieser OP zeigen können.

Cross-linking der Kollagenfasern:
Hier soll die Hornhaut durch einen photochemischen Prozess verfestigt werden. Damit sollen die Kollagenfasern stabilisiert werden und ein weiteres Fortschreiten des Keratokonus aufgehalten oder verlangsamt werden.

Welche Verfahren zur Behandlung des Keratokonus werden im Augenzentrum Recklinghausen angeboten?

Diagnostik

  • Hornhauttopografie,
  • Messung der Hornhautdicke (Pachymetrie)

Therapie:

  • Wir bieten die Anpassung von harten und weichen Kontaktlinsen wie rückflächentorische Linsen, Keratokonuslinsen, Transplantatlinsen.
  • Perforierende und lamelläre Keratoplastik.
  • Astigmatismuskorrektur mit Excimer-Laser.
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